Dummy Loads – Teil IV
Reaktiver Dummy Load
Kapitelinhalt:[ Überspringen ]Der dritte Dummy Load entstammt dem schon erwähnten Röhrenverstärker STPG-1 der US-amerikanischen Firma Groove Tubes. Dieser Verstärker enthält, neben dem eigentlichen Röhrenverstärker (einem getunten Blackface Fender Deluxe Reverb nachempfunden), einen Dummy Load sowie mit einem Filter, das den Klang eines Gitarrenlautsprechers nachbildet (Speaker Simulator). Das Gerät war dafür gedacht, den Klang eines ausgesteuerten Röhrengitarrenverstärkers ohne Lärm und Lautsprecher aufnehmen zu können.
Groove Tubes Dummy Load
Im Unterschied zu den oben beschriebenen reinen Verschaltungen von ausschließlich ohmschen Lastwiderständen bildet diese Schaltung einen frequenzabhängigen (reaktiven) Dummy Load. Dazu die folgende Abbildung 4.1, eine Nachzeichnung aus der Patentschrift des Herstellers (siehe Patent 43 in der Patent-Liste von AMZ). Die eigentliche Schaltung besteht aus zwei Lastwiderständen, drei Induktivitäten und einem Kondensator.
Dabei haben L3-3 und C3-1 (ein Parallelschwingkreis mit einer Resonanzfrequenz von etwa 95 Hz) die Aufgabe, die mechanische Bassresonanz des Lautsprechers nachzubilden, während L3-1 und L3-2 bei höheren Frequenzen (über 1 kHz) einen Impedanzanstieg bewirken, wobei die Stärke des Impedanzanstiegs im Audiofrequenzbereich durch die Parallelschaltung der RL-Glieder L3-1 + R3-2 mit L3-2 + R3-1 abgemildert wird. Der Spannungsteiler R4-1 und R4-2 dient der Pegelabschwächung des Audiosignals und gehört nicht zum Dummy Load. Die Auskopplung an der Verbindung zwischen L3-1 und R3-2 führt lediglich dazu, dass beim ausgekoppelten Signal die Höhen von etwa 4 kHz an gedämpft werden. Die Spannungsquelle U1 und der Widerstand Ri,Amp in Abbildung 4.1 symbolisieren die Endstufe des Verstärkers mit dessen Innenwiderstand, für die Schaltung des Dummy Loads haben sie keine Bedeutung.
Da ein so aufwendiger Studioröhrenverstärker im Prinzip nicht mehr so nötig und zeitgemäß ist und das Gerät nicht für Studioaufnahmen gebraucht wird (und ich auch kein Studio habe), lag es nahe, es in seine Bestandteile zu zerlegen, um Verstärker, Dummy Load und Speaker Simulator einzeln nutzen zu können.
Dabei sollte auch dieser Dummy Load wie die oben beschriebenen einen um etwa 30 dB gedämpften Lautsprecherausgang erhalten. Weiterhin erschien es sinnvoll, einen weiteren Signalausgang zur Verfügung zu stellen. Hier sollte wahlweise die heruntergedämpfte Ausgangsspannung (mit den durch die Lautsprecherimpedanz bedingten Anhebungen in Bässen und Höhen) als auch ein Signal ohne die durch die Lautsprecherimpedanz bedingten Anhebungen (das heißt, ein Ausgangssignal, dass dem Ausgangsstrom der Endstufe folgt) herauszuführen.
Die Schaltung
Der Dummy Load wurde im wesentlichen unverändert in einen neuen Aufbau übernommen, allerdings mit einer Ausnahme – der vorher eingebaute, überlastete und verkohlte „Plastewiderstand“ R3-2 wurde durch eine Reihenschaltung von zwei Hochlastwiderständen 10 Ω / 25 Watt ersetzt (ein Hochlastwiderstand 22 Ω / 25 Watt war nicht zu bekommen).
Die schaltungstechnischen Erweiterungen bestanden grundsätzlich erst einmal darin, dem Dummy Load einen etwa 30-mal kleineren Widerstand in Serie zuzuschalten, um dort das abgeschwächte Lautsprechersignal abzugreifen.
Zum vorhandenen Dummy Load in Reihe geschaltet ist also ein Widerstand 0,25 Ω / 4 Watt (realisiert mit vier Widerständen R8 bis R11 mit je 1 Ω und 1 Watt Belastbarkeit). Bei einer angenommenen Impedanz des Dummy Loads von etwa 8 Ω (normierte Impedanz bei 1 kHz) fällt an diesen Widerständen R8 bis R11 ein dreiunddreißigstel der Eingangsspannung ab, das heißt, auch hier steht ein Ausgang mit etwa 30 dB Leistungsdämpfung zur Verfügung (1 / 31 ≈ 30 dB ).
Da die Widerstandskombination R8–R11 zum vorhandenen Dummy Load in Reihe geschaltet ist, folgt das Signal an diesem −30 dB-Lautsprecherausgang dem Ausgangstrom der Endstufe.
Für einen weiteren Signalausgang sollte es umgeschaltet werden können, ob dessen Ausgangssignal der Ausgangsspannung oder dem Ausgangsstrom des Verstärkers entspricht – aus folgendem Grund. Da die Impedanz des Dummy Loads, wie schon gesagt, frequenzabhängig ist, unterscheiden sich Ausgangsspannung und Ausgangsstrom in ihrem Frequenzgang und ihrem Klang.
Dazu wurde das Ausgangssignal des Verstärkers (das Eingangssignal des Dummy Loads) auf einen Spannungsteiler geführt, der das Signal auf ein Vierunddreißigstel teilt (R3||R4 zu R6||R7, S1 in Mittel- oder Rechtsstellung). Am Ausgang dieses Spannungsteilers steht so ein Signal zur Verfügung, das der Ausgangsspannung des angeschlossenen Verstärkers mit einer Dämpfung von etwa 30 dB folgt.
Am Schalter S1 kann nun zwischen diesen beiden Signalen gewählt werden. Zusätzlich steht in der Mittelstellung von S1 eine Mischung beider Signale zur Verfügung.
Aufbau und Realisierung
Beim Ausschlachten des oben erwähnten Verstärkers von Groove Tubes fiel nicht nur dieser Dummy Load ab, sondern auch drei Blechquader von etwa 8–10 cm Kantenlänge. Zwei der Blechquader (leer) verkleideten Netz- und Ausgangstrafo des Verstärkers, und im dritten waren die Induktivitäten und Kondensatoren des Dummy Loads vergossen. Nachdem einer der beiden leeren Blechquader für den kleinen Dummy Load (siehe oben) verbaut worden war, konnte der andere die Hochlastwiderstände dieses Dummy Loads aufnehmen.
Obige Abbildung 4.3 zeigt nun den Aufbau von innen: Im linken Gehäuseteil (hohler Blechquader) mit den Lüftungslöchern befinden sich die großen Lastwiderstände R1–R3 und der Lautsprecherausgang –30 dB. Die Litzen zu den Hochlastwiderständen (rosa) und das Kabel aus dem vergossenen Teil der Schaltung (grau) wurden dabei auf eine Lötösenleiste geführt, damit insbesondere dieses Kabel direkt nicht auf die möglicherweise sehr heißen Hochlastwiderstände gelötet werden muss. Im rechten Blechquader sind die Induktivitäten und Kondensatoren vergossen. Darüber befinden sich auf einer zweireihigen Lötösenleiste die kleinen Widerstände R4–R11, der Umschalter für das Ausgangssignal sowie die Buchsen für den Eingang und den Signalausgang.
Die beiden Blechquader wurden verbunden und wieder auf ein Frühstücksbrett geschraubt (das dann am Ende gerissen ist). Naja, fourn Joartn raichts.
Test
Für den thermischen Test kam ein Netzteil einer alten Halogenschreibtischlampe zum Einsatz – das Netzteil liefert maximal 1,67 A bei 12 V (20 W / 12 V an idealerweise 7,2 Ω). Der Gleichstromwiderstand des Dummy Loads wurde mit 7,9 Ω gemessen. Die Ausgangsspannung des Netzteils betrug im Leerlauf gut 14 V, verbunden mit dem Dummy Load waren es noch etwas mehr als 12 V – das Netzteil wurde also durch den Test nicht überlastet.
Der Dummy Load wurde etwas mehr als eine Stunde vom Netzteil „beheizt“ und dabei gut „handwarm“. Lediglich an der Rückseite, wo sich der Hochlastwiderstand 10 Ω / 50 W befindet, war das Gehäuse heiß, man konnte es aber noch berühren.
Aber auch dieser Dummy Load durchlief einen längeren Test an einem zu untersuchenden Objekt. Dabei konnte – in einem Mietshaus – festgestellt werden, dass der in der Vorstufe modifizierte Vermona-Transistorverstärker (Details siehe hier, Theorie hier) eine angenehme und durchaus brauchbare Endstufenverzerrung bietet, zumindest über einen Dummy Load.