Dummy Loads – Teil IV

Reaktiver Dummy Load

Kapitelinhalt:[  Überspringen ]

Der dritte Dummy Load entstammt dem schon erwähnten Röhrenverstärker STPG-1 der US-amerikanischen Firma Groove Tubes.  Dieser Verstärker enthält, neben dem eigentlichen Röhrenverstärker (einem getunten Blackface Fender Deluxe Reverb nachempfunden), einen Dummy Load sowie mit einem Filter, das den Klang eines Gitarren­lautsprechers nachbildet (Speaker Simulator).  Das Gerät war dafür gedacht, den Klang eines ausgesteuerten Röhren­gitarren­verstärkers ohne Lärm und Laut­sprecher aufnehmen zu können. 

nach oben

Groove Tubes Dummy Load

Im Unterschied zu den oben beschriebenen reinen Verschaltungen von ausschließlich ohmschen Lastwiderständen bildet diese Schaltung einen frequenzabhängigen (reaktiven) Dummy Load.  Dazu die folgende Abbildung 4.1, eine Nachzeichnung aus der Patentschrift des Herstellers (siehe Patent 43 in der Patent-Liste von AMZ).  Die eigentliche Schaltung besteht aus zwei Lastwiderständen, drei Induktivitäten und einem Kondensator. 

Schaltplan

Abb. 4.1: Schaltung des Dummy Loads aus dem Groove Tubes STPG-1.  Die Schaltung findet sich in der Patentschrift des Herstellers aus dem Jahre 1987, die auf Patent-Liste von AMZ gefunden wurde.  Widerstände in Ω. (Die Spannungs­quelle U1 und der Innenwiderstand Ri,Amp des Verstärkers gehören nicht zur patentierten Schaltung.)

Dabei haben L3-3 und C3-1 (ein Parallel­schwingkreis mit einer Resonanzfrequenz von etwa 95 Hz) die Aufgabe, die mechanische Bassresonanz des Laut­sprechers nachzubilden, während L3-1 und L3-2 bei höheren Frequenzen (über 1 kHz) einen Impedanzanstieg bewirken, wobei die Stärke des Impedanzanstiegs im Audio­frequenz­bereich durch die Parallelschaltung der RL-Glieder L3-1 + R3-2 mit L3-2 + R3-1 abgemildert wird.  Der Spannungsteiler R4-1 und R4-2 dient der Pegelabschwächung des Audiosignals und gehört nicht zum Dummy Load.  Die Auskopplung an der Verbindung zwischen L3-1 und R3-2 führt lediglich dazu, dass beim ausgekoppelten Signal die Höhen von etwa 4 kHz an gedämpft werden.  Die Spannungsquelle U1 und der Widerstand Ri,Amp in Abbildung 4.1 symbolisieren die Endstufe des Verstärkers mit dessen Innenwiderstand, für die Schaltung des Dummy Loads haben sie keine Bedeutung. 

Da ein so aufwendiger Studioröhren­verstärker im Prinzip nicht mehr so nötig und zeitgemäß ist und das Gerät nicht für Studio­aufnahmen gebraucht wird (und ich auch kein Studio habe), lag es nahe, es in seine Bestandteile zu zerlegen, um Verstärker, Dummy Load und Speaker Simulator einzeln nutzen zu können. 

Dabei sollte auch dieser Dummy Load wie die oben beschriebenen einen um etwa 30 dB gedämpften Laut­sprecher­aus­gang erhalten.  Weiterhin erschien es sinnvoll, einen weiteren Signalausgang zur Verfügung zu stellen.  Hier sollte wahlweise die heruntergedämpfte Ausgangsspannung (mit den durch die Laut­sprecher­impedanz bedingten Anhebungen in Bässen und Höhen) als auch ein Signal ohne die durch die Laut­sprecher­impedanz bedingten Anhebungen (das heißt, ein Ausgangssignal, dass dem Ausgangsstrom der Endstufe folgt) herauszuführen. 

nach oben

Die Schaltung

Der Dummy Load wurde im wesentlichen unverändert in einen neuen Aufbau übernommen, allerdings mit einer Ausnahme – der vorher eingebaute, überlastete und verkohlte „Plastewiderstand“ R3-2 wurde durch eine Reihenschaltung von zwei Hochlast­widerständen 10 Ω / 25 Watt ersetzt (ein Hochlast­widerstand 22 Ω / 25 Watt war nicht zu bekommen). 

Die schaltungs­technischen Erweiterungen bestanden grundsätzlich erst einmal darin, dem Dummy Load einen etwa 30-mal kleineren Widerstand in Serie zuzuschalten, um dort das abgeschwächte Laut­sprecher­signal abzugreifen. 

Zum vorhandenen Dummy Load in Reihe geschaltet ist also ein Widerstand 0,25 Ω / 4 Watt (realisiert mit vier Widerständen R8 bis R11 mit je 1 Ω  und 1 Watt Belastbarkeit).  Bei einer angenommenen Impedanz des Dummy Loads von etwa 8 Ω (normierte Impedanz bei 1 kHz) fällt an diesen Widerständen R8 bis R11 ein dreiunddreißigstel der Eingangsspannung ab, das heißt, auch hier steht ein Ausgang mit etwa 30 dB Leistungsdämpfung zur Verfügung  (1 / 31 ≈ 30 dB ). 

Schaltplan

Abb. 4.2: Schaltung des reaktiven Dummy Loads.  Der vergossene Teil der Schaltung sowie R1R3 wurden dem Groove-Tubes-Gitarren­verstärker entnommen.  Der Schalter ist ein sogenannter On-Z-On-Schalter – in der Mittelposition des Schalters wird der Kontakt nur auf einer Schaltebene gewechselt.  Widerstände in Ω.

Da die Widerstands­kombination R8R11 zum vorhandenen Dummy Load in Reihe geschaltet ist, folgt das Signal an diesem −30 dB-Laut­sprecher­ausgang dem Ausgangstrom der Endstufe. 

Für einen weiteren Signalausgang sollte es umgeschaltet werden können, ob dessen Ausgangssignal der Ausgangsspannung oder dem Ausgangsstrom des Verstärkers entspricht – aus folgendem Grund. Da die Impedanz des Dummy Loads, wie schon gesagt, frequenzabhängig ist, unterscheiden sich Ausgangsspannung und Ausgangsstrom in ihrem Frequenzgang und ihrem Klang. 

Dazu wurde das Ausgangssignal des Verstärkers (das Eingangssignal des Dummy Loads) auf einen Spannungsteiler geführt, der das Signal auf ein Vierunddreißigstel teilt (R3||R4 zu R6||R7,  S1 in Mittel- oder Rechtsstellung). Am Ausgang dieses Spannungsteilers steht so ein Signal zur Verfügung, das der Ausgangsspannung des angeschlossenen Verstärkers mit einer Dämpfung von etwa 30 dB folgt. 

Am Schalter S1 kann nun zwischen diesen beiden Signalen gewählt werden.  Zusätzlich steht in der Mittelstellung von S1 eine Mischung beider Signale zur Verfügung. 

nach oben

Aufbau und Realisierung

Beim Ausschlachten des oben erwähnten Verstärkers von Groove Tubes fiel nicht nur dieser Dummy Load ab, sondern auch drei Blechquader von etwa 8–10 cm Kantenlänge.  Zwei der Blechquader (leer) verkleideten Netz- und Ausgangstrafo des Verstärkers, und im dritten waren die Induktivitäten und Kondensatoren des Dummy Loads vergossen.  Nachdem einer der beiden leeren Blechquader für den kleinen Dummy Load (siehe oben) verbaut worden war, konnte der andere die Hochlast­widerstände dieses Dummy Loads aufnehmen.

Fotografie

Abb. 4.3: Innenverkabelung des reaktiven Dummy Loads

Obige Abbildung 4.3 zeigt nun den Aufbau von innen:  Im linken Gehäuseteil (hohler Blechquader) mit den Lüftungslöchern befinden sich die großen Lastwiderstände R1R3 und der Laut­sprecher­ausgang –30 dB.  Die Litzen zu den Hochlast­widerständen (rosa) und das Kabel aus dem vergossenen Teil der Schaltung (grau) wurden dabei auf eine Lötösenleiste geführt, damit insbesondere dieses Kabel direkt nicht auf die möglicherweise sehr heißen Hochlast­widerstände gelötet werden muss.  Im rechten Blechquader sind die Induktivitäten und Kondensatoren vergossen.  Darüber befinden sich auf einer zweireihigen Lötösenleiste die kleinen Widerstände R4R11, der Umschalter für das Ausgangssignal sowie die Buchsen für den Eingang und den Signalausgang. 

Die beiden Blechquader wurden verbunden und wieder auf ein Frühstücksbrett geschraubt (das dann am Ende gerissen ist).  Naja,  fourn Joartn raichts

Fotografie

Abb. 4.4: Der fertige reaktive Dummy Load

nach oben

Test

Für den thermischen Test kam ein Netzteil einer alten Halogen­schreibtisch­lampe zum Einsatz – das Netzteil liefert maximal 1,67 A bei 12 V (20 W / 12 V an idealerweise 7,2 Ω).  Der Gleichstrom­widerstand des Dummy Loads wurde mit 7,9 Ω gemessen.  Die Ausgangsspannung des Netzteils betrug im Leerlauf gut 14 V, verbunden mit dem Dummy Load waren es noch etwas mehr als 12 V – das Netzteil wurde also durch den Test nicht überlastet. 

Der Dummy Load wurde etwas mehr als eine Stunde vom Netzteil „beheizt“ und dabei gut „handwarm“.  Lediglich an der Rückseite, wo sich der Hochlast­widerstand 10 Ω / 50 W befindet, war das Gehäuse heiß, man konnte es aber noch berühren. 

Aber auch dieser Dummy Load durchlief einen längeren Test an einem zu untersuchenden Objekt. Dabei konnte – in einem Mietshaus – festgestellt werden, dass der in der Vorstufe modifizierte Vermona-Transistor­verstärker (Details siehe hier, Theorie hier) eine angenehme und durchaus brauchbare Endstufenverzerrung bietet, zumindest über einen Dummy Load