Strom­versorgung auf Pedalboards

Har­ley Ben­ton Power­plant Junior

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Eher zufällig (oder besser, eher preisbedingt ;-) lernte der Autor vor Jahren ein preiswertes Mehrfach­netzteil, dass über das Label Har­ley Ben­ton des Versand­händlers Thomann vertrieben wird, kennen.  Grund genug, dieses Gerät hier einmal vorzustellen und eingehender zu untersuchen: 

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Das Gerät

Bemerkenswert am Har­ley Ben­ton Power­plant Junior ist, dass es fünf galvanisch getrennte Netzteilausgänge zur Verfügung stellt (die fünf Aus­gänge haben weder am „Pluspol“, d. h. am Aus­gang für die 9 V noch am „Minuspol“, d. h. am Masse­ausgang, Verbindung zueinander).  Das würde die Möglichkeit eröffnen, fünf verschiedene (Boden)effekt­geräte ohne die Gefahr von Brummschleifen aus einem Netzteil versorgen zu können. 

Aus diesem Grund hatte der Autor das Gerät irgendwann (Anfang der „zehner“ Jahre) mal bestellt, die wesentlichen Details der Schaltung herausgezeichnet und ein paar Ein­drücke notiert.  Doch davor zunächst in Abbildung 4.1 eine Fotografie vom Inneren des Gerätes: 

Fotografie

Abb. 4.1: Innen­aufbau eines Har­ley Ben­ton Power­plant Junior

Dem schließt sich in Abbildung 4.2 die herausgezeichnete Schaltung an: 

Schaltplan

Abb. 4.2: Schaltplan eines Har­ley Ben­ton Power­plant Junior.  Die sekundär­seitige Schaltung ist fünf­mal enthalten (mit Ausnahme der LED). 

Die Schaltung des Har­ley Ben­ton Power­plant Junior ist einfach.  Primärseitig eine Sicherung, in geschlossener Fassung auf die Platine gelötet.  Sekundär­seitig pro Aus­gang:

  • eine Graetz-Brücke,
  • ein Elko 1000 µF und ein Keramik­konden­sator 100 nF,
  • der Längs­regler / Dreibeiner LM7809
  • ein Elko 100µ und
  • die Aus­gangs­buchse. 

Es fehlt allerdings auch hier eine sogenannte Freilaufdiode, d. h. eine Diode in Sperr­richtung zwischen Ein- und Aus­gang des Stabili­sators, die diesen vor von außen kommender Restspannung (wenn sich bspw. im an­ge­schlos­senen Gerät ein Elko langsamer entlädt als der Haupt­elko im Power­plant Junior). Es könnte daher Probleme bereiten, wenn zwei 9 V-Ausgänge des Har­ley Ben­ton Power­plant Junior zu einem 18 V-Ausgang zu­sammen­ge­schaltet werden, da sich hier im Ernst­fall beide in Serie geschalteten Zweige den Ent­lade­strom ihres Haupt­elkos „gegen­seitig in den Ausgang drücken“. 

Weiterhin gibt es für das gesamte Gerät eine LED mit Vor­widerstand (die aber nicht hundertprozentig zu gebrauchen ist, da sie nach Abschalten des Gerätes erst nach mehreren Sekunden merklich dunkler wird),

Die Aus­gangs­spannungen, an den unbelasteten Aus­gängen gemessen, liegen zwischen 8,9 V und 9,15 V (siehe auch Tabelle 4.1:).  Inwieweit es dann Sinn hat, zwei Aus­gänge mit einem mitgelieferten Y-Kabel schlicht parallel zu schalten, ist nicht so ganz klar. 

Der mechanische Aufbau ist „preisoptimiert“ – das Gehäuse besteht aus zwei U-Schalen, die miteinander verschraubt werden (und zueinander mechanisch etwas unter Spannung stehen).  Vier Winkel mit Gewindebohrung sind auf die Platine aufgelötet – damit wird die Platine in der unteren Gehäuseschale verschraubt.  Insgesamt musste das ganze Gerät, nachdem es auseinandergeschraubt worden war, mit ein wenig Drücken und Schieben der oberen U-Schale wieder in Form gebracht werden, bis die Schrauben wieder in die Gewinde passten. 

Dass das Gerät, insgesamt betrachtet, eher billig konstruiert ist, muss nicht bedeuten, dass es bei pfleglicher Behandlung (es soll solche Menschen geben ;-) Jahre und Jahrzehnte halten kann.  Mit billig konstruiert ist die z. B. Verbindung von mechanischer und elektrischer Funktion gemeint, dass die Platine und die aufgelöteten Winkel die mechanischen Spannungen des Gehäuse mit übernehmen.  Das kann ein Problem werden, wenn diese Löt­verbindungen mechanisch belastet werden, sei es, dass das Gerät öfter demontiert wird, herunter­fällt oder irgendwo „rein­ge­würgt“ / mechanisch unter Spannung stehend montiert wird. 

Die zweite wesentlich wichtigere Frage ist die nach der Be­last­bar­keit des Power­plant Junior – kann das Gerät die versprochenen 120 mA pro Aus­gang tatsächlich liefern? 

Der im Gerät verwendete Trans­formator hat, laut Auf­kleber, fünf Sekundär­windungen zu je 12 V, was, nach einer ersten Über­legung, zu wenig ist: 

  • Der Trans­formator mit einer regulären Ausgangs­spannung von 12 V gibt eine Wechsel­spannung mit einem Spitzen­wert von et­wa 17 V (12 V ⋅ √2) aus. 

  • Beide Halb­wellen der Sekundär­spannung durch­laufen jeweils zwei Dioden des Gleich­richters / der Graetz-Brücke (in der Schaltung in Abbildung 4.2 das Bau­element 5BI) – d. h. hinter dem Gleich­richter verringert sich die mögliche Spitzen­spannung um etwa 1,5 V auf maximal 15,5 V. 

    Schaltskizze

    Abb. 4.3: Die Ausgangsspannung des Trafos von 12 V und die Spannung hinter der Gleichrichtung (Graetz-Brücke). 

  • Das heißt, dass der Haupt­elko (in der Schaltung 1000 µF) auf etwa maximal 15,5 V auf­geladen werden kann.  Fließt kein oder nur ein geringer Ausgangs­strom, so hält der Haupt­elko die Spannung bis zum Spitzen­wert der nächsten Halb­welle weitgehend; mit steigender Last bricht die Spannung zwischen den Spitzen­werten aber immer stärker ein. 

    Der Längsregler / Dreibeiner wiederum benötigt eine Spannung von etwa 2,5 V „für sich“, d. h. für eine Aus­gangs­spannung von 9 V muss die Spannung am Haupt­elko auch zwischen den Spitzen­werten mindestens 11,5 V sein. 

    Schaltskizze

    Abb. 4.4: Ausgangs­spannungen am Haupt­elko bei unterschiedlicher Belastung – bei geringer Last (grüner Graph) ist die Spannung am Haupt­elko größer gleich 12,5 V, bei (zu) großer Last (roter Graph) ist diese Spannung zeitweise zu kleiner als 12,5 V. 

  • Bei Last­anpassung, d. h. wenn die angeschlossene Schaltung genau die Leistung „verbraucht“, für die der Trans­formator dimensioniert ist, schwankt die am Elko einigermaßen geglättete Aus­gangs­spannung hinter dem Gleich­richter um die Ausgangs­spannung des Trans­formators (hier 12 V), vermindert um die Fluss­spannung der Gleichrichter­dioden (etwa 1,5 V).  etwa so groß wie die nominelle Aus­gangs­spannung des Trans­formators abzüglich der etwa 1,5 V, die an den Dioden abfallen – Das heißt, bei Last­anpassung liegt die Spannung hinter dem Gleichrichter also bei etwa 10,5 V und die Ausgangs­spannung kann nicht 9 V erreichen. 

    Im gegebenen Fall könnte auch schon eine geringere Last zum Problem werden, wie die folgende Abbildung 4.5 zeigt: 

    Schaltskizze

    Abb. 4.5: Spannungen vor und hinter dem Längs­regler – bei zu starker Belastung des Netz­teils ist die Spannung am Haupt­elko bzw. vor dem Längs­regler vorübergehend zu gering (dünner roter Graph) – die Ausgangs­spannung bricht dann wahrscheinlich zweitweise ein (dicker roter Graph); während das Netz­teil bei geringerer Belastung ohne Probleme funktionieren kann (grüne Graphen). 

    Sobald die Spannung am Haupt­elko unter die notwendigen 11,5 V fällt, ist mit Problemen zu rechnen – die Ausgangs­spannung des Netz­teils könnte einbrechen. 

Man muss also vermuten, dass das Mehr­fach­netz­teil Har­ley Ben­ton Power­plant Junior nicht in der Lage ist, an fünf Ausgängen jeweils 120 mA abzugeben, aber bei wesentlich geringerer Be­lastung zuverlässig und stabil arbeiten kann. 

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Der Test

Um die Be­last­bar­keit des Har­ley Ben­ton Power­plant Junior sinnvoll testen zu können, wurde auf einer Ex­perimental­platine mit einer Handvoll Wider­ständen und einer Lüster­klemmen­leiste eine Fünf­fach-Test­schalt­ung zu­sammen­ge­strickt – siehe die folgende Abbildung 4.6, die einen der fünf Zweige der Test­schaltung zeigt: 

Schaltplan

Abb. 4.6: Fünffach-Test­schalt­ung zur testweisen Be­lastung eines Har­ley Ben­ton Power­plant Junior

Dazu in Abbildung 4.7 der Auf­bau der Schaltung.  Der schlichte zu­sam­men­ge­frickelte Aufbau reicht – für den ein­mal­igen Ge­brauch ist ein Ge­häuse nicht notwendig. 

Fotografie

Abb. 4.7: Fliegender Aufbau der Fünffach-Test­schalt­ung zur testweisen Belastung eines Har­ley Ben­ton Power­plant Junior – Mess­schalt­ung entsprechend Abbildung 4.6

Jeder der Ausgänge des Har­ley Ben­ton Power­plant Junior kann wahlweise mit 30 mA (Lastwiderstand 300 Ω; bei üblichen „analogen“ Effekt­geräten wie Verzerrern etc. ist eine größere Last unwahrscheinlich) oder mit 120 mA (Ausgangs­widerstand 75 Ω; mit zusätzlichem parallel­geschaltetem Wider­stand 100Ω) belastet werden. 

Mit dieser Test­schalt­ung wurden die Ausgangs­spannungen am Har­ley Ben­ton Power­plant Junior mit gemessen – beginnend mit einer Grundlast von 300 Ω bzw. 30 mA pro Ausgang wurde ein Ausgang nach dem anderen auf 75 Ω bzw. 120 mA Last umgestellt.  Alle Ausgangs­spannungen wurden jeweils nach der Last­um­schalt­ung und nach etwa zwei Minuten gemessen.  Abschließend wurden noch die Leer­lauf­spannungen über­prüft.  Die folgende Tabelle 4.1 fasst die Ergebnisse zusammen: 

Tabelle 4.1:  Ausgangs­spannungen eines Har­ley Ben­ton Power­plant Junior bei unter­schied­licher Be­lastung der Ausgänge.  Test­schalt­ung entspr. Abbildung 4.6Wichtig:  Es wurden nur Gleich­spannungen ge­messen, kein Brummen etc.
Ausg.
an
75 Ω
/
300 Ω
— Ausgangs­spannungen — Last-
strom
  UA1
[V]
UA2
[V]
UA3
[V]
UA4
[V]
UA5
[V]
Σ IA
[mA]
–/ 1–5 9,00 8,65 9,06 9,12 8,99 149
1 / 2–58,50 8,63 9,06 9,13 9,00 233
1–2/ 3–58,087,55 9,05 9,12 8,99 299
1–3/ 4–57,607,367,96 9,12 8,99 366
1–4/ 57,157,097,507,76 8,99 423
1–5/ –6,846,797,177,426,81467
–/ – 9,02 8,90 9,08 9,16 9,01  – 

In folgender Abbildung 4.8 wurden die gemessenen Ausgangs­spannungen noch einmal in einem Diagramm zusammen­gefasst. 

EXCEL-Diagramm

Abb. 4.8: Grafische Darstellung der Mess­werte aus obiger Tabelle 4.1 der Unter­suchung eines Har­ley Ben­ton Power­plant Junior mit einer Mess­schalt­ung entsprechend Abbildung 4.6

Auffällig ist zunächst die recht kleine Spannung an Ausgang 2.  Um zu überprüfen, ob es sich hier nicht um einen Fehler im Aufbau handelt, wurden die Anschlüsse der Test­schalt­ung am Prüf­objekt vertauscht – „der Fehler wanderte nicht mit“; d. h. der Fehler liegt im Prüf­objekt.  Weiter­hin wurde nur dieser Ausgang mit 300 Ω und die anderen über­haupt nicht belastet, wonach die Spannung am Ausgang 2 sich nicht wesentlich änderte.  Selbst im Leer­lauf war die Spannung an diesem Ausgang geringer als die an den anderen Ausgängen.  Weiterhin fällt in Abbildung 4.8 auf, dass es ein bestimmtes „Fehler­muster“ der leicht unter­schied­lichen Spannungen an den Ausgängen gibt, welches auch bei großer Last und im Leer­lauf bestehen bleibt. 

Abgesehen vom „schwierigen“ Ausgang 2 sind die Ergebnisse recht ein­deutig:  Sobald auch nur ein Ausgang nicht nur mit 300 Ω, sondern mit 75 Ω (ent­sprechend der aus­ge­wiesenen Maximal­last von 120 mA) belastet wurde, kann eine Aus­gangs­spannung von 9 V an diesem Ausgang nicht gehalten werden, was darauf schließen lässt, dass die am Elko hinter der Graetz-Brücke geglättete Spannung unter den Spitzen­wert einbricht und dann zu gering ist, als dass der Längs­regler noch sinn­voll arbeiten könnte. 

Weiter­hin sinkt die Ausgangs­spannung aller stärker belasteten Ausgänge mit der Ver­größerung der Gesamt­last weiter.  Schließlich wurde nicht nur fest­gestellt, dass die ver­minderten Ausgangs­spannungen mit steigender Last an anderen Ausgängen weiter sanken, sondern auch, dass sie nach einer Warte­zeit von zwei Minuten nach den Um­stellungen noch einmal um ein oder mehrere zehn Milli­volt gefallen waren.  Ersteres lässt auf einen über­lasteten Trans­formator schließen, letzteres auf thermische Probleme bei der starken Belastung. 

Dabei muss noch einmal darauf hin­ge­wiesen werden, dass hier lediglich Gleich­spannungen (bzw. deren Mittelwerte) gemessen wurden.  Wie „sauber“ bzw. brummfrei die Ausgangs­spannungen waren, konnte so nicht festgestellt werden. 

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Um zu einem Fazit zu kommen

Zunächst muss zunächst darauf hin­ge­wiesen werden, dass das getestete Exemplar des Har­ley Ben­ton Power­plant Junior relativ alt ist – es wurde Anfang der „zehner Jahre“ gekauft.  Eine entsprechende Anfrage wurde an Thomann gesendet – in der Antwort hat Thomann bestätigt:

Nein, das Netz­teil wurde in den letz­ten Jahren nicht tech­nisch ver­än­dert.  Der Trafo ist nach wie vor der gleiche.

Nun aber weiter im Fazit:  Im Grunde hat die Test­messung gezeigt, dass das durchaus überzeugende Konzept des Har­ley Ben­ton Power­plant Junior in diesen Gerät u. U. an dem zu klein dimensionierten Trans­formator leidet.  Es mag sein, dass ein solches Gerät bei vielen Anwendern ohne Probleme funktioniert, soll heißen, der angegebene Maximal­strom von 120 mA pro Ausgang mag für manche Anwendungen auch außerhalb allen Bedarfs liegen, und diese Anwender könnten mit ein paar Effekten (z. B. von den Tabelle 3.1 im letzten Kapitel auf­ge­liste­ten BOSS-Effekten) über­haupt keine Probleme haben. 

Jedoch begannen die Spannungs­einbrüche bei der Test­messung schon, als lediglich ein Ausgang voll belastet wurde.  Und eine solche Anwendung ist gar nicht so theoretisch – einen Strombedarf von bis zu 100 mA hat bei­spiels­weise schon ein BTDR-Hallschaltkreis (von Belton bzw. Accu­tronics), der in vielen einfachen digitalen Gitarren­hall­geräten verwendet wird. 

Insgesamt hat die Test­messung die Ver­mutungen, die sich aus der geringen an­ge­geben Aus­gangs­spannung des internen Trans­formators ergeben haben, bestätigt.  Ein Trans­formator mit Sekundär­spannungen von 5 × 15 V anstelle von 5 × 12 V und entsprechend größerer maximaler Über­tragungs­leistung könnte das Problem durchaus lösen.  Allerdings ist das kein Bastel-Job – dafür ist wohl ein Anbieter wie der Versand­händler Thomann (bzw. der ent­sprech­ende Her­steller) quasi „alternativlos“, da ein Einzel­anwender oder ein kleiner „Boutique“-Hersteller kaum groß genug ist, einen so speziellen Trans­formator mit fünf gleichen Sekundär­wicklungen in wirtschaftlich sinnvollen Stückzahlen fertigen (lassen) zu können.  Dazu kommt: mit einem anderen Trafo mit größeren Sekundär­spannungen ist es u. U. nicht getan sein – dadurch würden sich auch die Spannungen und die Leistungen, die an den Dreibeinern abfallen, deutlich erhöhen und letztere müssten ggfs. einen Kühl­körper bekommen. 

Eine andere Möglichkeit besteht in der Verwendung von Graetz-Brücken aus Schottky-Dioden 1N5817 – diese haben wesentlich kleinere Fluss­spannungen, so dass man pro Graetz-Brücke etwa 1 V „spart“. Ein entsprechender Versuch der Modifikation des Gerätes durch den Autor steht allerdings noch aus. 

Unabhängig davon ist aber sicher nicht verkehrt, das Har­ley Ben­ton Power­plant Junior als das einzusetzen, als was es im Wesentlichen beworben wird – als kleines, gut isoliertes Netzteil insbesondere für vorgeschaltete, von Natur aus brumm­empfindliche Effekte mit geringer Stromaufnahme (Verzerrer, Kompressor) einzusetzen mit der Arbeitshypothese, dass der gesamte Ausgangs­strom des Gerätes 120 mA nicht überschreiten sollte – das scheint ja einigermaßen zu funktionieren. …