Fuzz-mäßiger Overdrive – Teil III

Mögliche Modifikationen

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Nachdem eine ausgedachte Schaltung zum ersten mal fertig geworden ist, fallen einem immer wieder Details ein, die im Entwurf zunächst erst einmal von einer Vorlage ohne großes Nachdenken übernommen, aus der Lamäng festgelegt oder schlicht übersehen wurden.  Zudem hat ein Hobbybastler natürlich nicht unbedingt die Möglichkeit, klangliche Einstellung in allen ihren Bedeutungen (z.B. an verschiedenen Verstärkern) auszuprobieren.  Deshalb hier die Details, die noch eine Korrektur vertragen könnten.

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Der Gain-Regler

Für die Bestückung des Gain-Reglers mit einem linearen Potentiometer von 100 kΩ gab es einen trivialen Grund – in einigen Schaltungen für den Tonebender MKIII war ein solches angegeben und es war gerade kein anderes da … 

Beim Ausprobieren stellte sich aber heraus, dass die kleinste einstellbare Verzerrung immer noch zu stark war, insofern wäre hier ein Potentiometer 220 kΩ oder 470 kΩ sinnvoller sein, zumal der Eingangs­widerstand der modifizierten Begrenzerstufe höher ist als im Original. 

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Der Eingangsspannungs­teiler

Weiter vorn wurde begründet, warum und wie der Eingangs­spannungsteiler für Silizium­transistoren und deren höhere Basis-Emitter-Spannung angepasst wurde – letztendlich wurde die Eingangsstufe mehr aus der Lamäng auf eine gemeinsame Kollektor­spannung von 6,5 Volt eingestellt. 

Nun ist es müßig, darüber zu spekulieren, welche Arbeitspunkte nun der „originale“ Tonebender MKIII hatte und ob sich der Hersteller darüber und über die Restströme der verwendeten Transistoren überhaupt so tiefschürfende Gedanken gemacht hat, oder man seinerzeit nicht eher die Transistoren aus dem Karton genommen und die Kisten einer nach der anderen zusammengebaut und verkauft hat.  Wie dem auch sei, es wird wohl keiner je erfahren, wie es wirklich war mit Jimmy und Jimmi und die andern alle ;-) 

Das Thema scheint auch in den Foren weniger Interesse zu wecken als die Frage, ob für einen echt-originalen Nachbau NOS-Reliquien notwendig sind oder moderne Folien­kondensatoren verwendet werden dürfen.  Nun, in Glaubensfragen sind andere kompetenter …  Hier soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass in der entworfenen Schaltung Experimente mit dem Wert von R3 oder R4 einen ähnlichen Sinn haben können wie der Austausch von Germanium­transistoren mit unterschiedlichem Reststrom, wie einem „richtigen“ Tonebender oder Tonebender-Nachbau.  Sinnvolle Werte für R3 liegen im Bereich zwischen 47 kΩ und 100 kΩ. Viel Spaß beim Probieren! 

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Die Millerkapazität C3

Nun, nach R3  jetzt C3.  Dieser Kondensator zwischen Eingang und dem Ausgang einer (invertierenden) Verstärkerstufe bildet eine sogenannte Millerkapazität, deren Größe, vom Eingang aus gesehen, mit dem (negativen) Verstärkungsfaktor steigt.  Ohne jetzt auf die theoretischen Zusammenhänge eingehen zu können, sind hier zwei Effekte zu nennen:

Tiefere Tonabnehmer­resonanz

Wenn die Gitarre direkt mit dem Gerät verbunden ist, so „sieht“ der Tonabnehmer der Gitarre hier einen sehr großen Kondensator, das heißt, Millerkapazität und Tonabnehmer­induktivität zusammen bewirken eine Mittenanhebung, die Höhen der Gitarre werden quasi kurzgeschlossen; es gelangen vorwiegend Bässe und Mitten in den Verzerrer.  Das kann unter Umständen sogar sinnvoll sein, um den sehr scharfen Klang eines Fuzz ein wenig auszugleichen.  Etwas, was dem Original vielleicht den Ruf einer „weichen Säge“ eingebracht hat; bei weniger intensiven Verzerrungen könnte es aber unter Umständen zu dunkel klingen. 

Dumpfe Crunchsounds

Für diejenigen, die die verschiedenen Sounds über den Volumenregler an der Gitarre einstellen, könnte das bei diesem Gerät zu dumpf klingen, da sich durch den Widerstand des Potentiometers und der großen Millerkapazität beim Herunterregeln des Volumen­potentiometers eine starke Höhenblende ergibt. 

Insgesamt sind das also zwei Gründe oder Ansätze, mit dem Wert des Kondensators C3 ein wenig zu experimentieren.  In der praktischen Realisierung des Effekts war ein erstes Layout entworfen worden, das es ermöglicht, C3 zunächst zu stecken, ehe er eingelötet wird.  Dazu wird für den 14-poligen Schaltkreis CA3046 eine 16-polige Schaltkreis­fassung verwendet, so dass ein Steckplatz für C3 freibleibt.  Nach dem Ausprobieren kann der Kondensator dann an einem weiteren Platz neben der Fassung eingelötet werden. 

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Dioden wie im „echten“ Tonebender MKIII

Der eine oder andere Leser wird anmerken, wo denn die Diode antiparallel zur Basis-Emitter-Strecke von T3 geblieben ist.  Nun, in der Originalschaltung hat die Diode wohl eher die Aufgabe dafür zu sorgen, sogenannte Blocking Distortion an T3 durch Umladen des Koppel­kondensators am Gain-Regler zu verhindern.  Kurz gesagt, die Diode sorgt dafür, dass nicht nur bei einer negativen Halbwelle Strom durch den Koppel­kondensator in die Basis von T2 fließt, sondern auch auch bei einer positiven Halbwelle durch die Diode.  Das ist notwendig, damit sich der Kondensator nicht nur „nach einer Seite hin auflädt“ und dann T3 blockiert. 

Ein Bedarf dafür war in der realisierten Schaltung nicht gesehen worden – nachdem probeweise einmal eine Diode 1N4007 antiparallel von der Basis von T3 gegen Masse geschaltet worden war, wurde der Klang eher rauer als vorher.  Das kann mit zwei Dioden aber schon weniger störend sein – hier könnte man auf dem Breadboard noch experimentieren.