Klippstufe als Experimental­bausatz – Teil II

Weitere Begrenzer­schaltungen – Messreihen und Ergebnisse

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Nachdem der Experimental­bausatz der Begrenzer­schaltung durchgemessen worden war, sind vom Autor noch andere Ansätze überprüft und durchgemessen worden – im folgenden Kapitel des Artikels zur Modifikation eines Übungs­verstärkers VOX Pathfinder mehr dazu: 

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Messreihe B – Begrenzer­schaltungen mit diskreten Dioden

Zunächst wurde die Schaltungsidee mit mehreren diskreten Dioden aus dem letzten Kapitel (siehe hier und hier), die dort zunächst einmal verworfen worden war, wieder aufgegriffen. 

Bei diesen Versuchen an Schaltung mit diskreten Dioden ging es darum herauszufinden, ob es Begrenzer­schaltungen mit vorgespannten Dioden gibt, die auch an größeren Begrenzer­widerständen funktionieren.  Schaltungen mit Begrenzer­widerstand von 2,2 kΩ haben den Nachteil, dass sie den Ausgangs­spannungs­hub eines in diesem Bereich üblichen OPV begrenzen könnten. 

Der Standard-OPV TL072 beispielsweise hat laut Datenblatt in seiner Gegentakt-Ausgangsstufe Widerstände zur Arbeits­punkt­ein­stellung und Ausgangs­strom­begrenzung – der Ausgangs­strom muss so Widerstände von insgesamt 300 Ω passieren.  Bei dem populären OPV JRC4558 gibt es diese Widerstände ebenfalls, allerdings ist ihre Größe dem Autor nicht bekannt.  Diese Widerstände beschränken den maximalen Ausgangs­spannungs­hub des OPV um so mehr, je niederohmiger die Last des OPV ist.  Bei einem normalen Bodeneffektgerät mit einer Betriebs­spannung von 9 V und, daraus folgend, einem Ausgangs­spannungs­hub von über ± 3 V und einem Begrenzer­widerstand von 2,2 kΩ müsste der OPV eine Ausgangs­strom von bis zu 1,5 mA zur Verfügung stellen, was dessen maximalen Ausgangs­spannungs­hub um etwa ± 0,5 V verringert. 

Die Messungen begannen mit einer Doppeldiode SAL41 – weniger wegen deren speziellen elektrischen Eigenschaften (die waren vor dem Kauf ohnehin nicht bekannt), sondern, weil diese Doppeldiode sehr klein ist und damit geeignet schien für eine kleine Platine mit mindestens sechs bis acht einzelnen Dioden. 

Die SAL41 ist dabei tatsächlich etwas speziell, in einer konventionellen Begrenzer­schaltung mit antiparallelen Dioden wird die Diode erst bei vergleichbar großen Dioden­spannungen leitend – die Begrenzung setzt also eher „spät“ ein; die Verzerrung ist ein wenig „härter“. 

Aus diesem Grund wurde die symmetrische Begrenzer­schaltung aus dem vorigen Kapitel in verschiedene Richtungen hin variiert:

Diodentyp:

Die Schaltung wurde mit Dioden SAL41 und 1N4148 auf dem Breadboard aufgebaut und durchgemessen.  In einem Fall wurde noch der Vorspann­strom vergrößert, um eine größere Vor­spannung zu erreichen. 

Zahl der Begrenzer­dioden:

Mit zwei Dioden zur Erzeugung der Vor­spannung wurden vier oder sechs Dioden gleichen Typs vorgespannt. 

Vor­widerstand:

Die Begrenzer­schaltung arbeitete wahlweise an einem Vor- bzw. Begrenzer­widerstand von 2,2 kΩ oder 10 kΩ. 

Symmetrie:

Die Begrenzer­schaltung wurde zunächst symmetrisch aufgebaut (symmetrische Betriebs­spannung, symmetrische Vor­spannungs­dioden gegen Masse, symmetrische Begrenzer­dioden) – um ein asymmetrisches Verhalten zu erzielen, wurde einer der beiden Zweige der Begrenzer­dioden mit einer Diode gegen Masse (Mitte der Vor­spannungs­erzeugung) kurzgeschlossen. 

Die Ergebnisse (die der Leser in Artikelanhang B betrachten kann) entsprechen durchaus den vorherigen Überlegungen – soll die Schaltung an einem hohen Vor­widerstand funktionieren, so muss der Ruhe­strom der Begrenzer­dioden kleiner sein, d. h., man braucht entweder mehr Begrenzer­dioden oder weniger Vorspanndioden.  Allerdings wird die Begrenzer­kennlinie dann tendenziell „hart“, die Begrenzungen setzen erst bei höheren Eingangs­spannungen ein und die Kennlinie ist für kleinere Eingangs­spannungen weniger gekrümmt. 

Insgesamt kann man wohl sagen, dass es für eine kontinuierlich gekrümmte Kennlinie sinnvoller ist, nicht nur vorgespannte Begrenzer­dioden zu verwenden, sondern auch, den Begrenzer­dioden unterschiedlich große Widerstände parallelzuschalten, um zu vermeiden, dass die zusammengehörigen Begrenzer­dioden gemeinsam bei der gleichen Eingangs­spannung leitend werden. 

Dazu vielleicht später mehr. 

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Messreihe C – Graetzklipper auf Leiterplatte

Die im vorherigen Kapitel – Abschnitt „Der Doppelgraetzklipper“ beschriebene und am Breadboard simulierte Schaltung wurden dann wie beschrieben auf eine Streifenleiter-Platine aufgebaut und noch einmal mit gleichen Werkzeugen durchgemessen. 

Die Ergebnisse sind – wenig überraschend – ähnlich zu denen der Simulation auf dem Breadboard.  Es scheint auch hier, dass die abgestufte Parallel­schaltung von Widerständen zu den Begrenzer­dioden die Krümmung der Begrenzer­kennlinie ein wenig besser über den gesamten Ausgangs­spannungs­bereich verteilt, eine weich gekrümmte Kennlinie im „Clean“-Bereich scheint sich mit dieser Schaltung leichter realisieren zu lassen.  Die Darstellung der Ergebnisse der Messungen findet der Leser im Artikelanhang D

Außerdem wurde auch ein Nachbau der im zweiten Kapitel beschrieben und bereits in den VOX Pathfinder eingebauten ersten Begrenzer­schaltung mit gleichem Werkzeug durchgemessen.  (Ergebnisse am Ende von genanntem Anhang D. ) Hier ist doch deutlich zu erkennen, dass das Zuschalten eines Parallel­widerstandes zu einer Begrenzer­diode die an sich symmetrische Begrenzer­kennlinie nicht wesentlich verändert, sondern lediglich den Arbeitspunkt der Begrenzung verschiebt. 

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Messreihe D – Vorgespannte Dioden und Biaspoti

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Verstellbarer Arbeitspunkt mit Potentiometer

Ob nur real oder nur in der Einbildung, das Bessere ist regelmäßig der Feind des Guten – irgendwann entstand beim „Herumsimulieren“ der Ansatz einer Schaltung, bei der die Ruhe­spannung am Vor­widerstand (genauer, deren Arbeitspunkt) stufenlos eingestellt werden kann.  Die folgende Abbildung 2.1 zeigt das Prinzip der Schaltung. 

Schaltplan

Abb. 2.1:  Prinzipielle Darstellung der Klippstufe mit Biaspotentiometer zur Arbeits­punkt­ein­stellung.  Das zu begrenzende Signal liegt, gleich­spannungs­mäßig getrennt, an der linken Seite von R1 an.  Die zusätzlichen Klipping-Dioden D8 und D9 können wahlweise zugeschaltet werden. 

Die Funktion ähnelt der der anderen Klippschaltungen mit vorgespannten Dioden:  Durch den Strom durch R3 werden D9 und D10 quasi gesättigt – über beiden fällt eine Spannung von je etwa 700 mV ab.  Das heißt, dass D1 bis D6 mit je etwa 230 mV leicht vorgespannt werden und dass diese drei Dioden die Spannung am rechten Ende von R1 eher kontinuierlich und weich und symmetrisch begrenzen. 

Wie kann es zu asymmetrischen Begrenzungen kommen?  Die Spannung zwischen D9 und D10 (Anode D9; Kathode D10) wiederum ist wegen des hohen Stroms durch diese Dioden (und wegen des daraus folgenden geringen differentiellen Widerstands dieser beiden Dioden) relativ stabil.  Wird also beispielsweise D7 auf die in Abbildung 2.1 gezeigte Art zugeschaltet, so setzt die Begrenzung der oberen Halbwelle bei wesentlich geringeren Eingangs­spannungen ein und wird auch härter, da nur an einer Diode begrenzt wird. 

Wird nun der Schleifer von R4 in Richtung Masse bewegt, so verschiebt sich auch der Arbeitspunkt der Schaltung dorthin, ohne dass sich die Härte der Begrenzung der oberen Halbwelle ändert. Dabei wandert der Arbeitspunkt in den Bereich, in dem die unteren Dioden D4 bis D6 weich zu begrenzen beginnen – der Arbeitspunkt kann also in den Bereich einer weich gekrümmten Kennlinie verschoben werden. 

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Statische Kennlinien

Die Schaltung wurde zunächst in PSPICE simuliert; Abbildung 2.2 zeigt die Simulations­schaltung, die Abbildungen 6.3 bis 6.6 die Ergebnisse der Simulation. 

Schaltplan

Abb. 2.2: Simulations­schaltung zur Ermittlung des statischen Verhaltens der Klippstufe – auf der rechten Seite der Schaltung werden die Arbeitspunkte ermittelt, auf der linken Seite die Kennlinie. Die Spannungs­quelle V1 simuliert die Betriebs­spannung, die Spannungs­quelle V2 das Eingangs­signal. 

PSPICE-Diagramm

Abb. 2.3: Statische Kennlinie der Klippstufe mit Simulations­schaltung entsprechend Abbildung 2.2.  Simuliert wurde eine asymmetrische Begrenzung – D7 wurde verbunden, D8 nicht.  Die verschiedenen Graphen zeigen die Kennlinie in Abhängigkeit von der Einstellung des „asymm“-Reglers (Regler eingestellt auf 0 %, 25 %, 50 %, 75 % und 100 %)

PSPICE-Diagramm

Abb. 2.4: Statische Kennlinie der Klippstufe mit Simulations­schaltung entsprechend Abbildung 2.2.  Simuliert wurde eine (invers) asymmetrische Begrenzung – D8 wurde verbunden, D7 nicht.  Die verschiedenen Graphen zeigen die Kennlinie in Abhängigkeit von der Einstellung des „asymm“-Reglers (Regler eingestellt auf 0 %, 25 %, 50 %, 75 % und 100 %)

PSPICE-Diagramm

Abb. 2.5: Statische Kennlinie der Klippstufe mit Simulations­schaltung entsprechend Abbildung 2.2.  Simuliert wurde eine weiche symmetrische Begrenzung – weder D7 noch D8 wurden verbunden.  Die verschiedenen Graphen zeigen die Kennlinie in Abhängigkeit von der Einstellung des „asymm“-Reglers (Regler eingestellt auf 0 %, 25 %, 50 %, 75 % und 100 %)

PSPICE-Diagramm

Abb. 2.6: Statische Kennlinie der Klippstufe mit Simulations­schaltung entsprechend Abbildung 2.2.  Simuliert wurde eine eher harsche und symmetrische Begrenzung – D7 und D8 wurden verbunden.  Die verschiedenen Graphen zeigen die Kennlinie in Abhängigkeit von der Einstellung des „asymm“-Reglers (Regler eingestellt auf 0 %, 25 %, 50 %, 75 % und 100 %)

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Reale Arbeits­punkt­ver­schiebungen

In der Simulations­schaltung wurde allerdings vom „eingeschwungenen Zustand“ ausgegangen, d. h., es wurde angenommen, dass die über ein Potentiometer eingestellte und über R5 eingespeiste Vor­spannung für die Begrenzer­schaltung sich nicht verändert.  Aus diesem Grund ist der Pufferkondensator C1 von 10 µF in der (statischen) Simulations­schaltung nicht zu finden; statt dessen wird die über das Bias-Potentiometer R4 eingestellte Vor­spannung mit einem Puffer­verstärker abgeblockt und so über R5 rückwirkungsfrei in die Klippschaltung eingespeist.  Im Ergebnis entstehen dann die gezeigten idealisierten statischen Kennlinien. 

In der realen Schaltung gibt es diese Rückwirkung von der Diodenbegrenzung auf die Spannung von C5 und auf den Arbeitspunkt der Klippschaltung durchaus, wie auch die Messergebnisse zeigen.  Wenn die Gleich­spannungs­summe des begrenzten Signals (z. B. bei asymmetrischer Begrenzung) nicht gleich null ist, wird C1 über R5 umgeladen – der Arbeitspunkt der Klippstufe, d. h. die Spannung an C1, verschiebt sich aus der Asymmetrie der Begrenzung heraus, bis sich ein Gleichgewicht zwischen dem Offset des begrenzten Signals und dem verändertem Arbeitspunkt einstellt. 

Eine weitere Ungenauigkeit des in den Simulationen verwendeten Modells betrifft die Einspeisung des zu begrenzenden Signals – in der realen Schaltung wird das Ausgangssignals des vorgeschalteten Verstärkers (z. B. des OPV) zur Gleich­spannungs­trennung über einen Kondensator eingekoppelt.  Eine stärker asymmetrische Begrenzung führt jetzt dazu, dass durch den Kondensator für die beiden Halbwellen des Signals in der Summe ein unterschiedlich großer Strom fließt (als weniger „hinein“ als „hinaus“), so dass auch hier der Kondensator für eine Verschiebung des Arbeitspunktes in den Bereich stärker symmetrischer Verzerrungen sorgt.  Interessant sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die Ergebnisse der Messungen an Mess­schaltung D03 – hier werden die Begrenzungen mit steigendem Pegel immer stärker symmetrisch. 

Insgesamt kann bei dieser Schaltung auch mit Arbeits­punkt­ver­schiebungen während der Begrenzung eines Gitarrensignals mit sich veränderndem, d. h. fallendem Pegel – gerechnet werden:  Bei kleineren Signalpegeln wird das Signal eher einseitig begrenzt und an einer sanft gekrümmten Kennlinie eher weich verzerrt oder (durch Obertöne)  ergänzt .  Bei größeren Eingangs­signal­pegeln jedoch entsteht ein (asymmetrisch und auch eher weich) begrenztes Rechteck mit weitgehend geradem Tastverhältnis. 

Diese Schaltung wurde in mehreren Schaltungs­varianten auf dem Breadboard aufgebaut und die Ruhe­spannungen und Signalverläufe aufgenommen.  Die Ergebnisse findet der Leser in Artikelanhang D

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Vorläufiges Fazit

Um es kurz zu machen – die Idee mit den vor­gespannten Dioden hat sich in ver­schiedene zu unter­suchende und aus­zu­bauende Richtungen „aus­ge­franst“ (Kenn­linien­formung durch Parallel­widerstände, ver­besserte Voraus­berechnung und Simulation an­hand genauerer Dioden­kennlinien, dynamisches Verhalten durch hochohmige Arbeits­punkt­ein­stellung und /  Koppel­kondensatoren). 

Eine weitere hobby­mäßige Bastelei scheint so – ohne genauere Mess­mög­lich­keiten wie auch ohne Mög­lichkeit, die klang­liche Relevanz der be­schriebenen Schaltungs­verbesserungen aus­zu­probieren – nicht besonders sinn­voll. 

Was aber nichts daran ändert, dass der Autor durchaus an geistigem Austausch über die beschriebenen Inhalte interessiert ist.